Die sog. 24-Stunden-Pflege ist für viele Familien eine wertvolle Alternative zum Pflegeheim – sie ermöglicht älteren oder pflegebedürftigen Menschen, in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Doch was bedeutet diese Form der Betreuung für die Pflegekraft selbst? Wie sieht ihr Alltag aus, zwischen Verantwortung, Fürsorge und dem Leben unter einem fremden Dach?
Wir haben eine Pflegekraft, Anna M., begleitet – sie kommt aus Polen, ist seit fünf Jahren in der Betreuung tätig und arbeitet aktuell im Haushalt von Frau Schneider (84) (Name geändert), die an beginnender Demenz leidet.
🌅 6:30 Uhr – Ein guter Tag beginnt mit Ruhe
Der Tag beginnt früh. Noch bevor Frau Schneider erwacht, bereitet Anna das Frühstück vor: Haferbrei mit frischen Äpfeln, dazu Kamillentee. Sie öffnet die Fenster, lässt frische Luft ins Haus und kontrolliert, ob über Nacht alles ruhig geblieben ist. Der Morgen ist ihre stille Zeit – ein Moment für sich, bevor die eigentliche Arbeit beginnt.
☀️ 8:00 Uhr – Hilfe beim Aufstehen und der Morgenpflege
Frau Schneider braucht Unterstützung beim Aufstehen, Anziehen und bei der Körperpflege. Anna ist geduldig, spricht beruhigend, hilft beim Waschen und erinnert daran, welche Medikamente heute eingenommen werden müssen. Der Umgang ist liebevoll – wie zwischen Vertrauten.
„Man muss viel Fingerspitzengefühl mitbringen. Es geht nicht nur um Pflege – es geht um Würde“, sagt Anna.
🍽️ 9:00 Uhr – Gemeinsames Frühstück und Tagesplanung
Beim Frühstück sprechen die beiden über den Tag: Gibt es einen Arzttermin? Muss eingekauft werden? Oder gibt es Besuch von der Tochter? Anna dokumentiert alles sorgfältig, was zur Pflege gehört – vom Medikamentenplan bis zum Trinkverhalten.
👟 10:30 Uhr – Bewegung und Beschäftigung
An einem sonnigen Tag geht Anna mit Frau Schneider spazieren. Wenn das Wetter schlecht ist, liest sie vor oder spielt mit ihr Karten. Geistige und körperliche Aktivierung sind ein wichtiger Bestandteil des Tages – und helfen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
🥘 12:30 Uhr – Mittagessen & Ruhepause
Anna kocht frisch – heute gibt es Kartoffeln, Möhren und Hähnchenbrust. Nach dem Essen zieht sich Frau Schneider für eine Mittagspause zurück. Auch Anna nutzt diese Zeit zur Erholung: ein Telefonat mit der Familie in Polen, ein Buch oder einfach nur ein Moment der Stille.
🧼 15:00 Uhr – Hausarbeit & Organisation
Während Frau Schneider ruht, kümmert sich Anna um den Haushalt: Wäsche waschen, einkaufen, die Küche aufräumen. Auch der Kontakt mit der Familie der Pflegebedürftigen gehört dazu – oft gibt sie per WhatsApp oder telefonisch ein kurzes Update.
☕ 17:00 Uhr – Kaffeestunde & Erinnerungen
Am Nachmittag sitzen beide gern im Wohnzimmer, trinken Kaffee und sehen sich alte Fotoalben an. Erinnerungen hervorrufen, gemeinsame Gespräche – das ist nicht nur Beschäftigung, sondern auch emotionale Pflege.
🌙 20:00 Uhr – Abendroutine & Rückzug
Nach dem Abendessen hilft Anna beim Zubettgehen: Zähneputzen, Medikamente, Nachtwäsche. Sie kontrolliert, ob alle Fenster geschlossen und Notrufgeräte griffbereit sind. Dann zieht sie sich in ihr eigenes Zimmer zurück.
💬 Zwischen Nähe und Profession
Auch wenn sie im selben Haus wohnt, hat Anna geregelte Pausen und ausreichend Freizeit – das ist gesetzlich geregelt. Dennoch: Die emotionale Nähe zur betreuten Person bleibt.
„Man ist nie nur Pflegerin. Man wird fast Teil der Familie – mit Herz, aber auch mit Verantwortung.“
❤️ Pflege mit Menschlichkeit
Ein Tag in der 24-Stunden-Pflege ist weit mehr als ein Job. Es ist ein Dienst am Menschen, der Nähe, Empathie und Verlässlichkeit erfordert. Und genau das ist es, was eine gute Pflegekraft ausmacht: Sie schenkt nicht nur Betreuung, sondern auch Sicherheit und Würde – jeden Tag aufs Neue.