Ein Pflegegrad stellt eine Einstufung der Pflegebedürftigkeit einer Person dar und entscheidet darüber, welche Leistungen diese Person aus der Pflegeversicherung erhält. Wer pflegebedürftig ist oder bei Angehörigen Pflegebedarf vermutet, sollte möglichst schnell einen Pflegegrad beantragen, um finanzielle Unterstützung und pflegerische Leistungen zu sichern. Auch eine Erhöhung des Pflegegrades kann notwendig werden, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert. In diesem Artikel erfahren Sie Schritt für Schritt, wie der Antrag auf einen Pflegegrad und dessen Erhöhung funktioniert.
1. Voraussetzungen für die Beantragung eines Pflegegrades
Bevor Sie einen Pflegegrad beantragen, sollten Sie die grundlegenden Voraussetzungen prüfen. Pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist, wer aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Die Pflegebedürftigkeit muss dabei mindestens sechs Monate andauern.
Typische Gründe für die Beantragung eines Pflegegrades sind:
Chronische Krankheiten
Geistige oder körperliche Behinderungen
Altersbedingte Einschränkungen
Unfallbedingte Pflegebedürftigkeit
2. Wie beantragt man einen Pflegegrad?
Die Beantragung eines Pflegegrades erfolgt in mehreren Schritten. Hier eine einfache Übersicht:
Schritt 1: Kontakt mit der Pflegekasse aufnehmen
Der erste Schritt ist die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Pflegekasse. Diese ist bei der Krankenkasse der pflegebedürftigen Person angesiedelt. Der Antrag kann telefonisch, schriftlich oder online gestellt werden. Es genügt zunächst ein formloser Antrag.
Wichtig: Der Antrag kann sowohl von der betroffenen Person selbst als auch von Angehörigen, Betreuern oder anderen Vertretern gestellt werden.
Schritt 2: Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Nach dem Antrag auf einen Pflegegrad beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), der die Pflegebedürftigkeit der Person in einem Gutachten ermittelt. Hierzu wird ein Gutachter einen Hausbesuch durchführen und die Pflegebedürftigkeit anhand eines Punktesystems bewerten.
Die Begutachtung umfasst folgende Bereiche:
Mobilität (Bewegungsfähigkeit)
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Verhalten und psychische Problemlagen
Selbstversorgung (z. B. Körperpflege, Ernährung)
Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
Gestaltung des Alltagslebens
Schritt 3: Pflegegradbewertung und Bescheid
Der MDK erstellt nach der Begutachtung ein Gutachten und schlägt der Pflegekasse eine Einstufung in einen Pflegegrad vor. Es gibt fünf Pflegegrade, wobei Pflegegrad 1 die geringste und Pflegegrad 5 die höchste Pflegebedürftigkeit darstellt. Die Pflegekasse entscheidet auf Basis dieses Gutachtens und teilt dem Antragsteller den Pflegegrad per Bescheid mit.
3. Widerspruch bei Ablehnung oder zu niedrigem Pflegegrad
Wenn der Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt wird oder der Pflegegrad zu niedrig erscheint, kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Hierbei sollte das Gutachten des MDK genau geprüft werden. Es kann sinnvoll sein, medizinische Dokumente und Stellungnahmen von Ärzten oder Pflegekräften beizufügen, um den Widerspruch zu stützen.
4. Erhöhung des Pflegegrades beantragen: Wann und wie?
Eine Erhöhung des Pflegegrades wird dann notwendig, wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert und der bisherige Pflegegrad nicht mehr ausreicht, um den Pflegebedarf zu decken. Hier ist schnelles Handeln gefragt, um weiterhin die notwendigen Leistungen in ausreichendem Umfang zu erhalten.
Wann ist eine Erhöhung des Pflegegrades sinnvoll?
Typische Gründe für eine Erhöhung des Pflegegrades sind:
Zunahme körperlicher oder geistiger Einschränkungen (z. B. durch Demenz, Schlaganfall oder eine fortschreitende Erkrankung)
Pflegeaufwand nimmt deutlich zu (z. B. mehr Unterstützung bei alltäglichen Verrichtungen oder eine Intensivierung der Pflegezeit)
Schritt 1: Antrag auf Höherstufung stellen
Der Antrag auf Höherstufung erfolgt formlos bei der Pflegekasse, kann aber auch telefonisch oder online gestellt werden. Der bestehende Pflegegrad wird in diesem Fall erneut überprüft, und es erfolgt eine neue Begutachtung durch den MDK oder einen anderen Gutachter.
Schritt 2: Neue Begutachtung
Auch bei einer Erhöhung des Pflegegrades wird der MDK einen erneuten Hausbesuch durchführen, um den aktuellen Zustand der pflegebedürftigen Person zu bewerten. Es ist ratsam, vor diesem Termin ein Pflegetagebuch zu führen, in dem der tatsächliche Pflegeaufwand detailliert dokumentiert wird. Dies hilft, die Pflegebedürftigkeit realistisch darzustellen.
Schritt 3: Entscheidung der Pflegekasse
Auf Grundlage der neuen Begutachtung entscheidet die Pflegekasse über die Erhöhung des Pflegegrades. Sollte die Erhöhung abgelehnt werden, besteht auch hier die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
5. Tipps für die erfolgreiche Beantragung eines Pflegegrades oder einer Erhöhung
Pflegetagebuch führen: Notieren Sie genau, welche Tätigkeiten wie oft und wie lange durchgeführt werden müssen, um den tatsächlichen Pflegeaufwand zu dokumentieren. Hier eine Vorlage der AOK:AOK-Pflegetagebuch.pdf
Als eine gute Hilfe hat sich der Pflegegradrechner des VdK erwiesen. In Kombination mit einem Selbsteinschätzungsbogen kann hier eine erste Orientierung erfolgen. Folgend der Link: Pflegegrad bei Erwachsenen kostenlos berechnen – Sozialverband VdK Deutschland e.V.
Gut auf den MDK-Termin vorbereiten: Der Termin mit dem MDK-Gutachter ist entscheidend. Hier sollte die pflegebedürftige Person alle Schwierigkeiten offen darstellen, auch wenn das im Alltag unangenehm erscheint.
Unterstützung von Experten einholen: Pflegeberatungsstellen oder Pflegedienste bieten oft Unterstützung bei der Antragstellung und den notwendigen Formalitäten an.
Auf den Widerspruch vorbereiten: Sollten Sie mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden sein, lohnt es sich, bereits im Vorfeld medizinische Unterlagen und andere Nachweise zu sammeln.
Mit einem gut vorbereiteten Antrag, einer realistischen Einschätzung des Pflegeaufwands und der nötigen Geduld können sowohl die erstmalige Beantragung eines Pflegegrades als auch die Erhöhung des Pflegegrades erfolgreich sein.